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Anna Emilie Lidia Lauter


Anna Emilie Lidia Lauter

Anna Lauter 1925, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 1576.
Anna Lauter 1925, Stadtarchiv Karlsruhe  8/PBS oIII 1576.

Sozialpolitikerin und Präsidentin der Abteilung III (Krankenpflege) des Badischen Frauenvereins, * 29. März 1847 Karlsruhe, † 28. Dezember 1926 Karlsruhe, ∞ 16. Oktober 1890 Wilhelm Florentin Lauter.

Anna Lauter wurde als Tochter eines Karlsruher Kaufmanns geboren und war schon über 40 Jahre alt, als sie 1890 den Karlsruher Oberbürgermeister Wilhelm Lauter heiratete. Bis dahin trug sie den Namen Anna Wilser und war zu diesem Zeitpunkt schon eine in der Residenzstadt und im Badischen bekannte und anerkannte Persönlichkeit. Bereits zwei Jahre später verstarb ihr Ehemann, in dessen Amtszeit die Entwicklung Karlsruhes zur modernen Großstadt begann.

Auch ihr Wirken war gekennzeichnet durch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen der Gesellschaft. Als junge Frau trat sie 1871 in den 1848 gegründeten Elisabethenverein ein, der als integrierter Verein des Badischen Frauenvereins sich der Armenpflege widmete. Sie richtete hier die Armen-Krankenpflege ein, übernahm die Aufsicht der Kinderkrippen und der Essensausgabe in der Volksküche. Anna Wilser gründete zudem 1877 eine Flickschule, deren Leitung sie bis 1902 innehatte, und die sich an die ärmeren Schwestern wandte, um diesen Kenntnisse in der Hausarbeit nahezubringen. Diesem Ziel dienten auch die von ihr eingerichtete Kinderkochschule und die Haushaltskurse für Volksschülerinnen. 1897 gründete sie in Karlsruhe das Arbeiterinnenheim, dessen Leitung sie übernahm. Ab 1899 wirkte sie bei der Bekämpfung der Lungentuberkulose mit. Zwei Jahre vor ihrem Tod gründete sie ein Altenheim für Kleinrentner im Karlsruher Hildaheim.

Als 40jährige reiste sie für längere Zeit nach England, nicht nur um ihre Englischkenntnisse zu verbessern, sondern um sich vor allem über das dortige Krankenwesen und die Wohlfahrtseinrichtungen zu informieren.

Nun machte sie Karriere im Badischen Frauenverein und wurde 1888 Mitglied des Vorstandes der für die Krankenpflege zuständigen Abteilung III dieses großen vaterländischen Frauenvereins. Hier kümmerte sie sich besonders um das städtische Krankenhaus und die Gemeindeschwestern vom Roten Kreuz. So führte sie die Schwesternbriefe ein, die sie auch verfasste. 1899 wurde sie Präsidentin der Abteilung III des Badischen Frauenvereins. Die Schwestern nannten sie "Tante Anna", was sowohl eine familiäre Vertrautheit wie auch ein hierarchisches Verhältnis andeutete.

Der Badische Frauenverein wurde 1859 unter dem Protektorat der Großherzogin Luise in Karlsruhe gegründet und entwickelte sich schnell zu einem vaterländischen Frauenverein, der sich der Armen- und Krankenpflege widmete und sich vor allem an die Frauen der Arbeiterschicht wandte. Zudem eröffnete er für die Frauen des Bürgertums neue Berufe wie den der Erzieherin, der Krankenschwestern, der Haushaltslehrerin usw. Der Badische Frauenverein wurde unter der tätigen Mitwirkung der Großherzogin zu einer landesweiten Frauenorganisation, die den Weg des Großherzogtums Baden in eine moderne, auch von der Industrie geprägte Gesellschaft sozialpolitisch begleitete. Vor allem die Krankenpflege und der Ausbau der Rot Kreuz-Schwesternschaft lagen der Landesmutter am Herzen. So legten sie und auch Anna Lauter großen Wert darauf, dass es sich bei der Tätigkeit als Krankenschwester um einen Erwerbsberuf handelte, die Schwestern wurden dementsprechend fest angestellt und auch rentenversichert. Anna Lauter arbeitete eng mit der Großherzogin zusammen, sie ging zeitweise täglich im Schloss ein und aus und genoss das Vertrauen der Landesherrin. Ihr widmete sie unter anderem 1918 ein kleines Büchlein über die "Wirksamkeit" der Großherzogin im Ersten Weltkrieg.

Wie angesehen Anna Lauter in Karlsruhe war, belegt unter anderem, dass sie als Witwe im Karlsruher Adressbuch nicht nur unter dem Namen ihres verstorbenen Gatten auftauchte, sondern dass in Klammern ihr Vorname hinter seinen Namen gesetzt wurde. Doch auch in ganz Baden war sie bekannt und geachtet. Auf den Jahresversammlungen des Frauenvereins trat sie häufig mit ausführlichen Referaten auf. So setzte sie sich für die Professionalisierung der Wohnungsinspektion ein, warb dafür, auch Frauen des Bürgertums für den Krankenpflegeberuf zu gewinnen, und sprach über die Notwendigkeit, sich respektvoll mit der Lage der Arbeiterfrauen und Industriearbeiterinnen auseinanderzusetzen.

Als sie 1926 starb, erreichten den Badischen Frauenverein in Karlsruhe zahlreiche Kondolenzschreiben aus vielen Zweigvereinen, vom Verband badischer Fürsorgerinnen, vom katholischen Frauenbund Baden, vom badischen Landesverband für Säuglings- und Kleinkinderfürsorge, von der Arbeitshilfe GmbH Karlsruhe und von Clara Siebert.

1899 erhielt sie die Königlich Preußische "Rothe Kreuz-Medaille" 3. Klasse. Im Jahr 2000 wurde nach Anna Lauter eine Straße benannt in dem damals neuen Stadtviertel Südstadt Östlicher Teil.

Susanne Asche 2024

Quellen

GLA 443/1141 und 1197; Adressbücher der Stadt Karlsruhe 1894 – 1926, https://digital.blb-karlsruhe.de/Drucke/topic/view/485648; Aus dem Leben von Anna Lauter. (Von einer alten Karlsruherin), in: Karlsruher Tagblatt vom 14. Januar 1927, https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/newspaper/item/2FK7VAWZRMUOHX6XBSBCZN35WNWVD3F3?place=Karlsruhe&query=%22Anna+Lauter%22&hit=7&issuepage=5; Erinnerungen an Anna Lauter, in: Karlsruher Tagblatt vom 30. Januar 1927, https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/newspaper/item/GBBFSH6LCCMPAY3EO2AE5G6HXHGZHBB7?query=%22Anna+Lauter%22&hit=1&issuepage=2; Lina Sachs-Zittel: Erinnerungen an Anna Lauter zu ihrem 80. Geburtstag, in: Karlsruher Tagblatt vom 24. März 1927, https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/newspaper/item/BOQXQJX7KTKTFVEMKVCWZHICLNWYKPYI?place=Karlsruhe&query=%22Anna+Lauter%22&hit=5&issuepage=10 (Zugriff jeweils am 12. August 2024).

Werk

Großherzogin Luise von Baden und ihre Wirksamkeit im Weltkrieg, Lahr in Baden 1918; Großherzogin Luise und die soziale Hygiene, in: Sozialhygienische Mitteilungen 7 (1923), Heft 3/4, S. 18-19 ; Heiteres aus dem Leben der Großherzogin Luise von Baden, in: Die Pyramide Nr. 48 vom 28. November 1926, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/pageview/2450997?query=%22Anna%20Lauter%22 (Zugriff am 12. August 2024).

Literatur

Susanne Asche: Fürsorge, Partizipation und Gleichberechtigung – die Leistungen der Karlsruherinnen für die Entwicklung zur Großstadt (1859 – 1914), in: Dies./Barbara Guttmann/Olivia Hochstrasser/Sigrid Schambach/Lisa Sterrr: Karlsruher Frauen 1715 – 1945. Eine Stadtgeschichte, Karlsruhe 1992, S. 171 – 256, hier S. 224 f., 255, 256, 280 und 329 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 15), Buch zum Download (PDF); Susanne Asche: Anna Lauter; in: Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge 1988 – 1993, Karlsruhe 1994, S. 246 f., Buch zum Download (PDF) (Zugriff jeweils am 12. August 2024); Kerstin Lutzer: Der Badische Frauenverein 1859 – 1918. Rotes Kreuz, Fürsorge und Frauenfrage, Stuttgart 2002, hier bes. S. 212 f.