BAMBI-Filmpreis-Verleihungen in Karlsruhe
Die öffentlichen Verleihungen der von der Zeitschrift Film-Revue 1948 ins Leben gerufenen Auszeichnungen für Filmschauspielerinnen und -schauspieler wie für Filme fanden 1955 bis 1964 in Karlsruhe statt. Die Film-Revue wurde 1947 in Baden-Baden mit Genehmigung der französischen Besatzungsmacht von Heinz Heining und Helmut Bohn gegründet und erschien in der Neuen Verlagsgesellschaft Baden-Baden. Die Redaktion, die 1947 noch in Karlsruhe arbeitete, wurde 1948 nach Baden-Baden verlegt.
Im Herbst 1948 startete die Redaktion erstmals eine Umfrage bei den Leserinnen und Lesern nach den beliebtesten weiblichen und männlichen Filmstars Deutschlands und des Auslands im Vorjahr. Ausgezeichnet wurden zudem die künstlerisch wertvollsten und die erfolgreichsten Filme jeweils des In- und Auslands. Den Gewinnern und Gewinnerinnen wurde die Auszeichnung bis 1953 meist im privaten Rahmen überreicht. Sie erhielten ein seit 1936 nach dem Entwurf von Else Bach in der Karlsruher Majolika-Manufaktur gefertigtes Rehkitz. Die Tochter von Marika Rökk, der ersten Preisträgerin, sah darin das Bambi und gab dem Preis damit seit 1949 seinen Namen.
1952 übernahm der Karlsruher Druckereibesitzer und Verleger Karl Fritz die Film-Revue, die Redaktion kehrte wieder nach Karlsruhe zurück. Ende 1953 fand im Hamburger Passage-Theater die Übergabe von Preisen für das Jahr 1952 erstmals vor größerem Publikum statt. 1954 beschloss Karl Fritz, die Ehrungen vom Dezember auf den März zu verlegen und sie künftig im Rahmen eines öffentlichen Festaktes zu inszenieren. Diese Gala fand erstmals am 6. März 1955 im Konzerthaus (damals Sitz des Badischen Staatstheaters) statt. Der große Erfolg und die Vielzahl geladener Gäste machten 1956 den Umzug der Gala in die Schwarzwaldhalle erforderlich. Zum zehnjährigen Jubiläum 1958 ersetzte ein von Emil Sutor neu gestaltetes Rehkitz aus vergoldeter Bronze aus der Majolika-Manufaktur.
Die erste wie die folgenden Galas stießen in den Medien auf breites Interesse. Ein enormes Echo fand die Veranstaltung auch bei der Karlsruher Bevölkerung. Zu Tausenden warteten die Filmfans auf dem Festplatz auf die Vorfahrt der Preisträger und Preisträgerinnen sowie die der prominenten Gäste. Auch vor dem Schlosshotel, wo die Stars logierten, und vor dem Rathaus, wo Oberbürgermeister Günther Klotz für die Preisträger einen Empfang gab und diese ihre Anhänger vom Rathausbalkon grüßten, versammelte sich eine große Menschenmenge. Die große Zahl der Schaulustigen dokumentieren unter anderem die im Stadtarchiv Karlsruhe verwahrten Filmberichte im Karlsruher Monatsspiegel und die zahlreichen Fotos des Pressefotografen Horst Schlesiger.
Zu den am häufigsten geehrten deutschen Filmstars zählten Maria Schell mit acht, davon vier in Karlsruhe verliehen, und O. W. Fischer mit neun Trophäen, davon sechs in Karlsruhe verliehen. Weitere bekannte deutsche Preisträger, die in der Karlsruher Zeit einen Bambi erhielten, waren Liselotte Pulver, Ruth Leuwerik, Horst Buchholz, Hansjörg Felmy und Heinz Rühmann. Jean Marais war 1956 der erste internationale Filmstar, der seine Auszeichnung persönlich in Karlsruhe entgegennahm. Ihm folgten unter anderen Sophia Loren und Rock Hudson, die jeweils fünfmal in Karlsruhe geehrt wurden, sowie Gina Lollobrigida mit vier Auszeichnungen.
1962/63 verkaufte Karl Fritz die Neue Verlagsgesellschaft mitsamt der Film-Revue und anderen Zeitschriften an den Offenburger Verleger und Druckereibesitzer Franz Burda. Nachdem sich Burda an der Organisation der Gala des Jahrs 1963 nicht beteiligt hatte, überraschte der Senator die Öffentlichkeit im Folgejahr mit einigen Neuerungen. Burda wollte nun seine Bambi-Feier rauschender und glamouröser gestalten. Statt der Badischen Staatskapelle spielte eine US-Army-Band und für einen exklusiven Auftritt engagierte er die Jazzsängerin Ella Fitzgerald mit dem Oscar-Petersen-Trio. Statt der Nachfeier im Gasthaus Krone (Künstlerkneipe) in Daxlanden gab es eine Weinprobe in Offenburg. Vor allem aber hielt Burda eine provozierende, vieldiskutierte kritische Rede über den Zustand des deutschen Films.
In der überregionalen Presse fand das durchaus auch Anklang. Die Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) kritisierten dagegen den neuen Ablauf der Veranstaltung wie auch die Rede und kommentierten, das goldene Reh sei in eine "üble Sackgasse" geraten. Auf die kritischen Berichte in den BNN über sein selbstherrliches Auftreten reagierte Burda verärgert. Mit der Begründung, dass Karlsruhe für eine Veranstaltung dieser Größe wegen des fehlenden Flughafens und der zu geringen Hotelkapazität nicht geeignet sei, verlegte er die Veranstaltung 1965 nach München, wo sie zunächst einige Zeit blieb, ehe sie an wechselnden Orten präsentiert wurde. Nach und nach verwandelte Burda den Bambi-Preis zu einem Film-, Fernseh- und Medienpreis.
Das BAMBI kehrte zum 50-jährigen Jubiläum der Verleihungen 1998 mit einem großen Festakt noch einmal in die Stadt Karlsruhe zurück. Die Zahl der Schaulustigen vor dem Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) blieb allerdings überschaubar.
Quellen
StadtAK 8/ZGS 79.2 (Majolika); 8/StS 9/466; 8/BA Schlesiger (Jahre 1955-1964); 9/Monatsspiegel, Folgen 5, 14, 26, 38, 70, 74; BLB ZC 35 (Film-Revue); Informationen von Gudrun Gloth, geb. Ernst, Redaktionsmitglied der Film-Revue seit 1950 und später Chefredakteurin.
Literatur/Weblinks
Hans Frey/Erich Höll: Die Gasthäuser und Wirtschaften in Geschichte und Gegenwart, in: Werner Burkart/Gottfried Ganz/Manfred Fellhauer/Manfred Koch/Edgar Morrison-Cleator (Hrsg.): Daxlanden – Die Ortsgeschichte, Karlsruhe 2007, S. 397-409, hier S. 405; Liste der Bambi-Preisträger – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Bambi-Preistr%C3%A4ger; Bambi (Auszeichnung) – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Bambi_(Auszeichnung); Beiträge von Ingo Löchel im Zauberspiegel-Online: 1947, 1948 und 1949/50 (Zugriff jeweils am 3. Januar 2025).