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Ludwig Georg Winter


Ludwig Georg Winter

Ludwig Georg Winter, Lithographie um 1825, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS III 1752.
Ludwig Georg Winter, Lithographie um 1825, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS III 1752.

Jurist, Ministerialbeamter, Landtagsabgeordneter und Innenminister, * 18. Januar 1778 Prechtal/Stadt Elzach/Lkr. Emmendingen), † 27. März 1838 Karlsruhe, ev., ∞ 1803 Friederike Ernestine Henriette Maler, 6 Kinder (von denen nur zwei den Vater überlebt haben).

Nach dem Jurastudium in Göttingen (1796-1799) und anschließender Tätigkeit als Anwalt trat Ludwig Georg Winter 1802 in den badischen Staatsdienst ein. Bis 1815 hatte er zahlreiche rasch wechselnde, Stellen, unter anderem 1810 bis 1813 als Oberamtmann in Durlach, inne. Ab 1815 war er in leitender Funktion im badischen Innenministerium tätig und hatte 1817 Anteil an der Ausarbeitung der Verfassung.

Auf dem ersten Landtag 1819 vertrat Winter (bis 1823) den Stadtwahlbezirk Durlach. Ein weiteres Mal gehörte er von 1831 bis 1838 dem Parlament an, nun als Vertreter des Amtswahlbezirks Karlsruhe. Obwohl Winter auf dem Landtag 1819 zugleich Regierungskommissar war, stand er an der Spitze der liberalen Abgeordneten, die gegen ein von der Regierung kurz vor der Landtagseröffnung verkündetes Adelsedikt protestierten. Dieses Edikt räumte den badischen Standes- und Grundherren erhebliche Sonderrechte ein, wobei sich die betreffenden Adligen zur Durchsetzung ihrer Interessen zuvor an den Deutschen Bund gewandt hatten. Die Abgeordneten stießen sich nun an der einseitigen Besserstellung einer Gesellschaftsgruppe, weshalb sie das Adelsedikt im Widerspruch zur Verfassung sahen. Auch drohte durch die wiederhergestellten Rechte des Adels die Einheitlichkeit in der Staatsverwaltung durchlöchert zu werden. Tatsächlich war der Protest Winters letztendlich erfolgreich. Das Adelsedikt wurde nicht vollzogen.

Auch auf dem Landtag von 1820 protestierte Winter erfolgreich mit der liberalen Opposition gegen die Verhaftung seines Abgeordnetenkollegen Christian Friedrich Winter wegen angeblich verfassungswidrigen Verhaltens.

Trotz der Kritik an der Regierung hat Großherzog Ludwig I. an Winter festgehalten und diesen 1822 zum Staatsrat und stimmberechtigten Mitglied im Staatsministerium berufen. Vor diesem Hintergrund gab Winter sein Amt als Vizepräsident der Kammer des Jahres 1822 auf. Auch stimmte er 1823 im Konflikt über den Militäretat mit der Regierung. Abgeordnetenkollegen warfen ihm nun einen Gesinnungswechsel vor. Jedoch gehörte Winter zu den Regierungsmitgliedern, die innerhalb des Staatsministeriums gegen eine mögliche Aufhebung der Verfassung opponierten. Die nächsten Wahlen wurden aber massiv beeinflusst, so dass mit einer für Regierungsanhänger dominierten Kammer eine Verfassungsänderung verabschiedet werden konnte, in deren Rahmen unter anderem die Budget-Periode von zwei auf drei Jahre erhöht wurde.

Im Gefolge der Julirevolution und des Thronwechsels 1830 in Baden ernannte der neue Großherzog Leopold Winter zum Innenminister. Anders als sein Vorgänger verzichtete Winter auf Wahlmanipulationen und musste sich folglich mit einer von der liberalen Opposition dominierten Kammer auseinandersetzen. Auf dem Landtag von 1831 konnten neben der Wiederherstellung der Verfassung in ihrer ursprünglichen Form Reformgesetze verabschiedet werden, unter anderem legte Winter dem Parlament ein Bürgerrechtsgesetz vor, das in Verbindung mit der Gemeindeordnung "ein einheitliches staatliches Bürgerrecht schuf" (Christian Würz). Die Gemeindeordnung selbst gewährte den Kommunen weitgehende Selbstverwaltungsrechte. Auch wurden Bürgermeister und Gemeinderäte gemäß der neuen Gemeindeordnung von den Bürgern für jeweils sechs Jahre gewählt. Gerade an dieser Stelle musste Winter den Abgeordneten weitgehende Zugeständnisse machen. So verzichtete die Gemeindeordnung zunächst auf Zensusbestimmungen bei den Wahlen, auch war die Regierung gezwungen, einen im dritten Wahlgang gewählten Bewerber zu ernennen.

Schließlich verabschiedete der Landtag von 1831 ein Pressegesetz, das mit Blick auf die Innenpolitik weitgehende Pressefreiheit gewährte. Angesichts der 1832 verstärkten Repressionspolitik des Deutschen Bundes sah sich Winter, wenn auch widerstrebend, gezwungen, das Pressegesetz zurückzunehmen. Ebenfalls auf Druck des Bundes kam es zur Schließung der Universität Freiburg und zur Zwangspensionierung Carl von Rottecks und Karl Theodor Welckers. Auch erfolgte auf dem Landtag von 1837 eine Revision der Gemeindeordnung im konservativen Sinne: An die Stelle des direkten und demokratischen trat ein indirektes und zudem ungleiches Wahlrecht.

Im Umgang mit den Abgeordneten wählte Winter einen Mittelweg aus Entgegenkommen und Drohungen. Beispielsweise machte er die Beamten-Abgeordneten darauf aufmerksam, dass ihnen die Regierung den Urlaub für die Teilnahme am Landtag verweigern konnte, jedoch hat Winter faktisch nie zu diesem Mittel gegriffen.

Während der Amtszeit Winters erfolgte 1835 der Beitritt Badens zum Zollverein und der infrastrukturelle Ausbau des Landes. Vor allem wurde die Grundlage für den Eisenbahnbau gelegt: Entsprechend dem Vorschlag des Innenministers bewilligte der außerordentliche Landtag von 1838 die Gelder für den Bau der Oberrheinbahn. Unmittelbar nach Schließung des Landtags starb Winter an den Folgen eines Schlaganfalls, mit seinem Tod endete eine Phase der Kooperation zwischen Parlament und Regierung. Rasch nach dem Tod Winters wurde seitens der Bürgerschaft für die Errichtung eines Denkmals geworben, zu der es allerdings erst 1855 kam.

Von den Großherzögen wurde Winter mehrfach ausgezeichnet, 1825 mit dem Kommandeurskreuz des Ordens vom Zähringer Löwen, 1830 mit dem Großkreuz des Ordens vom Zähringer Löwen.

Michael Kitzing 2025

Quellen

GLAK 76/8680-8685, 206/1704; Wilderich Weick: Reliquien von Ludwig Winter. Biographie und Schriften. Vaterländisches Denkmal, Freiburg 1843.

Literatur

Willy Andreas: Ludwig Winter über eine Reform der Verwaltungsordnung, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 64 (1910), S. 477-50; Hans-Peter Becht: Badischer Parlamentarismus 1819 bis 1870. Ein deutsches Parlament zwischen Reform und Revolution, Düsseldorf 2009; Hans-Peter Becht: Handbuch der Badischen Ständeversammlung und des Badischen Landtags 1819-1933. Teilband I, Stuttgart 2021, S. 697 f.; Peter Exner (Hrsg.): Demokratie wagen? Baden 1818-1919, Stuttgart 2018; Gerhard Karbierske: Georg-Ludwig-Winter-Denkmal, in: Gerlinde Brandenburger (Hrsg.): Denkmäler, Brunnen und Freiplastiken in Karlsruhe 1715-1945, Karlsruhe 1987, S. 231-236, Teil 1 (PDF) und Teil 2 (PDF) zum Download (Zugriff am 20. Januar 2025); Franz Joseph Mone: Lebensbeschreibung des badischen Ministers Ludwig Georg Winter. Aus dem Nachlass herausgegeben von Friedrich v. Weech, in: Alemannia 29 (1901), S. 1-22; Friedrich v. Weech: Artikel Winter, in: Allgemeine Deutsche Biographie 43 (1898), S. 465-468; Christian Würz: Ludwig Georg Winter, in: Ulrich Falk/Markus Gehrlein/Gerhard Kreft/Marcus Obert (Hrsg.): Rechtshistorische und andere Rundgänge: Festschrift für Detlev Fischer, Karlsruhe 2018, S. 657-674.