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Ellen Auerbach, geb. Rosenberg


Ellen Auerbach, geb. Rosenberg

Ellen Auerbach, um 1930, Foto: Bauhaus-Archiv Berlin.
Ellen Auerbach, um 1930, Foto: Bauhaus-Archiv Berlin.

Fotografin, Lerntherapeutin, * 20. März 1906 Karlsruhe, † 30. Juli 2004 New York City, jüd., ∞ 1937 Walter Auerbach, o│o 1945, kinderlos.

Ellen Auerbach wuchs als erstes von drei Kindern von Max und Melanie Rosenberg in Karlsruhe in der Ettlinger Straße gegenüber dem Festplatz auf. Die Eltern pflegten trotz nur mäßigen Erfolgs der Metall- und Eisenmanufaktur des Vaters einen gutbürgerlichen Lebensstil. Die Tochter besuchte zwei Jahre die Volksschule, dann das Viktoria-Pensionat und bis zur Primarreife (Obersekunda) das Lessing-Gymnasium. Neben Klavier- erhielt sie auch Tanzunterricht. Da sie wenig Neigung zeigte, im väterlichen Geschäft tätig zu werden, durfte sie ab Ende 1924 Bildhauerei an der Badischen Landeskunstschule in Karlsruhe studieren. Hier war sie Schülerin der Bildhauer Georg Schreyögg und Paul Speck wie auch der Maler Georg Scholz und Karl Hubbuch. Ab 1926 experimentierte sie mit einer von einem Onkel aus den USA geschenkten 9 x 12 cm Plattenkamera, wobei ihr der selbst fotografierende Vater anfangs technische Hilfe leistete.

Unsicher, ob sie von der Bildhauerei würde leben können, sah sie in der Fotografie die Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebens. Deshalb ging sie Ende 1929 nach einem Semester an der Stuttgarter Kunstgewerbeschule als Privatschülerin des Fotografen und Bauhausprofessors Walter Peterhans nach Berlin. In seinem Atelier lernte sie Grete Stern kennen, mit der sie im Frühjahr 1930 das Fotostudio ringl+pit - ihre beiden Spitznamen - gründete. Mit innovativer Werbe- und Porträtfotografie waren sie schnell erfolgreich. 1933 gewannen sie bei der Exposition Internationale de la Photographie et du Cinéma in Brüssel den Ersten Preis.

Da die beiden Freundinnen im nationalsozialistischen Deutschland für ihre kreative Arbeit keine Perspektive sahen, verließen sie 1933 das Land. Ellen Rosenberg emigrierte mit ihrem späteren Ehemann, dem Bühnenbildner und Marxisten Walter Auerbach nach Tel Aviv in Palästina. Wegen der dortigen wirtschaftlichen Notlage und politischer Unruhen gingen sie 1936 zu Grete Stern nach London. Da sie dort keine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhielten, heirateten sie 1937, um danach gemeinsam nach Amerika emigrieren zu können. Hier lebten sie, unterstützt von Ellens Verwandten, zunächst in Philadelphia, 1943 zogen sie dann nach New York, wo sie Teil der künstlerischen Emigrantenszene wurden. Am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 trennten sich Ellen und Walter Auerbach.

In der Nachkriegszeit führte Ellen Auerbach weiterhin ein rastloses Leben. Sie unternahm zwischen 1946 und 1959 mehrere längere Reisen innerhalb der USA sowie nach Südamerika und Europa, wo sie 1953 auch ihre Eltern in Karlsruhe besuchte. Diese hatten die Deportation nach Gurs überlebt und waren nach Karlsruhe zurückgekehrt. Allein von ihren Fotostudios in Tel Aviv, Philadelphia und New York konnte Ellen Auerbach trotz gelegentlicher Aufträge für die Magazine Life und Time nicht leben. Deshalb übernahm sie unterschiedliche Aufträge, unter anderem 1934 einen kurzen Dokumentarfilm über Tel Aviv, 1946 bis 1948 die fotografische und filmische Dokumentation einer Studie zum Verhalten von Kindern und Säuglingen in Topeka (Kansas) oder 1954 einen Lehrauftrag für Fotografie in Trenton (New Jersey). Ab Mitte der 1950er-Jahre wandte sie sich dem Zen-Buddhismus zu und begann als Lerntherapeutin zu arbeiten, von 1965 bis 1984 im Educational Institute for Learning and Research in New York. Dort lebte sie nach mehreren Wohnungswechseln ab 1953 bis zu ihrem Tod in einer kleinen Wohnung in der Upper East Side Manhattans.

Ellen Auerbachs fotografisches Werk spiegelt und dokumentiert zugleich ihr Leben als Emigrantin zwischen 1933 und 1959. Nach der Werbefotografie der Berliner Jahre besteht es aus Porträtaufnahmen sowohl unbekannter Personen wie von Künstlern und Künstlerinnen, darunter Bertolt Brecht in London, Willem de Kooning und Niki de Saint Phalle in New York sowie zahlreichen Selbstporträts. Überall, wo sie lebte, und auf ihren Reisen - darunter 1955/56 eine mehrmonatige Fotoreise durch Mexiko -, hielt Ellen Auerbach Impressionen von Landschaften, Straßenszenen und Interieurs mit ihrer Kamera fest. Zum fotografischen Nachlass zählen auch vier nur mehrminütige Filme aus den 1930er-Jahren und von 1949. Daran erinnerte das ZKM 2020 im Begleitprogramm der Ausstellung bauhaus.film.digitally.expanded.

Große und anhaltende Anerkennung für ihr Werk erfuhr Ellen Auerbach seit Ende der 1970er-Jahre in den USA und in Europa in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen und Publikationen. Zu einer Ausstellung mit ihren Fotografien in Karlsruhe im Badischen Kunstverein 1994 kam sie zu einem längeren Besuch in ihre Geburtsstadt.

Ihren umfangreichen Nachlass hat Ellen Auerbach der Berliner Akademie der Künste übergeben. Zudem stiftete sie das Ellen-Auerbach-Stipendium, ein Förderungstipendium für internationale junge Fotografen und Fotografinnen, das, dotiert mit 20.000 Euro, seit 2006 alle zwei Jahre durch die Akademie vergeben wird.

Manfred Koch 2023

Quelle

Nachlass im Archiv der Bildenden Künste Berlin, easydb.archive (adk.de).

Fotografisches Werk

Trefferliste (adk.de); Ellen Auerbach. Fotografisches Werk (adk.de).

Literatur

Inka Graeve Ingelmann: Ellen Auerbach. Das dritte Auge. Leben und Werk, München 2006; DNB, Katalog der Deutschen Nationalbibliothek https://portal.dnb.de/opac/simpleSearch?query=%22Ellen+Auerbach%22; Ein Gespräch mit der Fotografin Ellen Auerbach - Content + Design LLC Blog https://www.tekla-szymanski.com/ellen-auerbach/; Ellen Auerbach zum 100. Geburtstag - Junge Akademie der Künste (adk.de) https://www.adk.de/jungeakademie/sites2006/Ellen-Auerbach-zum-100.htm; Ellen Auerbach | METROMOD Film |; Drei Fotografinnen: Ilse Bing, Grete Stern, Ellen Auerbach (Sonderausgabe) | absolut MEDIEN https://absolutmedien.de/film/1042/Drei+Fotografinnen%3A+Ilse+Bing%2C+Grete+Stern%2C+Ellen+Auerbach (Zugriff jeweils am 13. November 2024).